Was ist der Talkessel?
Zum zweiten Mal war ich am Wochenende im „Talkessel“, einer der attraktivsten Motocrossstrecken in Deutschland. Nicht umsonst findet der „Motocross Grand Prix of Germany“ in Halle , wenn man es ganz genau nimmt Teutschenthal (aber wer kennt Teutschenthal?), statt. Man kann den Talkessel im Motocross ungefähr mit dem Sachsenring bei den Tourenwagen vergleichen! Die Stimmung dort ist, nicht nur wegen der Kesselwirkung, fantastisch! Das coole daran ist, dass die Strecke hier gleich um die Ecke liegt!
Seitenwagen und MX2
Letztes Wochenende war es allerdings nicht der Grand Prix, der im Talkessel stattfand, sondern die Deutsche Meisterschaft der Seitenwagen. Das faszinierende an dieser Rennklasse ist, dass zu dem bekannten Spaßfaktor des Motocross die akrobatischen Einlagen der Männer in den Seitenwägen hinzukommen. Den Vorlauf zu diesem Meisterschaftsrennen bestritten die Nachwuchsfahrer der Klasse MX2 (Vergleichbar mit Formel 3), der zweitgrößten Motorenklasse im Motocross. Wir (mein Vater, Bruder, Sohnemann und ich) machten uns also Sonntag Mittag auf den Weg zur Rennstrecke. Leichter Nieselregen konnte uns nicht davon abhalten, den Talkessel aufzusuchen. Nachdem wir einen Parkplatz zugewiesen bekommen hatten, machten wir uns auf den Weg durch das Fahrerlager an die Strecke. Dies ist ebenfalls ein absolut tolles Erlebnis! Mittendrin statt nur dabei! Man bekommt Einblicke in die Vorbereitungen, in die Stimmung und die Arbeiten an den Bikes, hautnah direkt an den mobilen „Werkstätten“ der Teams. Es hat uns alle vier interessiert, was da alles vor so einem Rennen im Fahrerlager passiert! Letzte Schrauben werden nochmal nachgedreht und die Motocross-Maschinen werden kurz vor dem Start noch einmal auf Hochglanz poliert, nur um dann 20 Min. später wieder völlig vermatscht zu werden. Als wir genug „Vorbereitung“ gesehen hatten, machten wir uns auf den Weg zum Startbereich. Denn, mit am aufregensten an einem Motorsportspektakel ist doch immer der Start. Voller Erwartung platzierten wir uns also so nahe an der Startlinie wie möglich. Voller Eifer zückte ich mein Handy und filmte mit. Grandios war das „Aufheulen“ der Bikes, als der Stadionsprecher das Rennen startete. (Wer die Aufstellungsphase überspringen will, kann gleich zu Minute 2:35 vorspringen.)
Adrenalin, Sprünge und der Kampf um Positionen
Nach dem beeindruckenden Start eilten wir schnellen Schrittes zum Durchgang in den Innenbereich der Strecke. Anders als von den Rängen ist man im, zu neudeutsch, Infield der Strecke hautnah am Renngeschehen dran. Man kann das Adrenalin der Fahrer förmlich spüren, wenn sie sich in die Kurve legen, der Dreck spritzt und es auf den nächsten Sprung zugeht. Die Gefälle sind enrom, die Sprünge echt hoch und weit und in den Kurven finden die direkten Kämpfe um Positionen statt. Hin und wieder mussten wir richtig aufpassen, dass wir von der „Matschgischt“ nicht erwischt und vollkommen verschmutzt wurden. Eines kann ich Euch dabei vergewissern. Unsere Herzen schlugen manchmal bestimmt genauso schnell wie die der Fahrer…
Spitzkurven, Kamelbuckel und Steilhänge
Wir durchwanderten das Infield bis zur Gegengeraden, durchschritten einen letzten Sprungtunnel und befanden uns dann auf der großen Tribüne. Von dort aus kann man beinahe die gesamte Strecke verfolgen. Alle Sprünge, Spitzkurven, Kamelbuckel und Steilhänge. Auch auf den Zielsprung hat man einen super Blick. Von dort verfolgten wir dann auch das Rennende des MX2 Laufes. Der Sieger hieß Victor Picoto. Wir kannten ihn nicht. Es war aber auch egal, Spaß und Freude am Event hatten Vorrang. Nach diesem rasanten ersten Lauf stärkten wir uns mit „Thüringer“, „Krakauer“, Limo und Bier. Der Unterstand der Würstchenbude war uns ein guter Regenschutz. Doch viel Zeit für eine Pause blieb nicht. In Kürze stand der Hauptlauf, die Deutsche Meisterschaft der Seitenwagen, an. Bis zum Start schafften wir es nicht mehr. Also begaben wir uns ab Rennbeginn wieder in die Nähe der Strecke. Jetzt wurde die „Power“ noch einmal erhöht! 80PS haben die Seitenwagen. Das ist sehr viel Pferdestärke für ein Motorrad! Dementsprechend konnten wir den Start hören. Die Sprünge, das merkten wir ziemlich schnell, fielen nun nicht mehr so weit und hoch aus, da zwei Menschen und eine schwerere Maschine das nicht zuließen. Dafür war jetzt echte Athletik auf den Bikes angesagt. Die Beifahrer turnten förmlich von Kurve zu Kurve auf ihrem Seitenwagen umher, um die bestmögliche Position für die Fliehkraft zu ergattern. Es war einfach nur beeindruckend, was die Männer da bei diesem Tempo, diesen Extremstbedingungen und den Gegnern neben sich auf ihren Plätzen veranstalteten! Die Matschgischt erhöhte sich übrigens noch einmal deutlich…
Akrobatik und Grenzen
Diesmal war es ein engerer Kampf als in der MX2 Klasse. Die Rangeleien in den Kurven wurden mit Rennverlauf intensiver und die Motocrossräder wurden bis an ihre Grenzen belastet. Dies hatte auch Ausfälle zur Folge. Dadurch, dass man so nahe an der Strecke stehen kann, sieht man dementsprechend den ausgeschiedenen Fahrern ihre Enttäuschung an. In der Hitze des Rennens suchten wir die Wendeseite des Pacours auf. Dort gab es nochmal eine wunderbare Drehgelegenheit für mich. Also Handy raus und mitfilmen. Achtet doch mal genau auf die Beifahrer und wo sie überall „rumklettern“:
Männerausflug
Als der Stadionsprecher die letzten Runden ankündigte, machten wir uns auf den Weg zum Zielsprung. Wir wollten diesmal näher dran sein am Zieleinlauf, wenn die Protagonisten ihren Erfolg feiern, jubeln und stolz, wie einst die Gladiatoren, ihre „Manege“ wieder verlassen. Wir hatten beim Lauf der MX2 Klasse beobachtet, wie die Kinder in der Ausfahrt mit den Fahrern abklatschen konnten. Das wollte ich meinem (11 Jahre alten!) Bruder und meinem Sohn auf alle Fälle auch gönnen. Wir schafften es in den letzten Runden sogar noch den Presseturm zu erklimmen und ich konnte noch ein paar schöne Zielsprungbilder machen, bevor Sohn und Bruder mich zur Ausfahrt zogen, um abklatschen zu können. Wir schafften es rechtzeitig und beide waren selig als der letzte Wagen die Strecke verließ, nachdem der Beifahrer beiden Jungs ein „High-Five“ gegeben hatte. Schließlich nahm uns ein Fahrerduo noch mit zu Ihrem Servicewagen und ich durfte meine drei Begleiter direkt dort nochmal ablichten. Was für ein Männerausflug! Motocross, Bratwurst, Bier, „High-Five“ mit den (Bei)Fahrern und ein Besuch in der „Boxengasse“. Auf dem Heimweg kündigten Vater und Bruder bereits an, im September zum „MX Grand Prix of Germany“ wieder zu kommen.
Ich war richtig froh, meinen Gästen aus Bayern diese Seite des Großraum Halle präsentieren zu können. Ich bin mir sicher, sie werden im September kommen…
Euer Manuel Hiemer
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